Lesedauer: 6 min

  1. Bei Vitaminmangel mit den richtigen Mineralstoffen zu gesunder Mund- und Zahnflora
  2. Interdependenz von allgemeiner und Mundgesundheit
  3. Bedeutung des Mikrobioms
  4. Supplementierung mit Vitaminen und Mineralstoffen zur Reduktion von Zahnempfindlichkeiten
  5. Wichtige Nährstoffe für die Mund- und Zahngesundheit
  6. Progression
  7. Individuelle Patientenlage und genetische Faktoren
  8. Ausblick für die zukünftige zahnheilkundliche Bedeutung

Bei Vitaminmangel mit den richtigen Mineralstoffen zu gesunder Mund- und Zahnflora

Nahrungsergänzungsmittel spielen schon seit längerer Zeit eine wichtige Rolle in der Zahnmedizin, da sie zur Vorbeugung einer ganzen Reihe von zahnmedizinischen Problemen beitragen. Mit der richtigen Ernährung entlasten Sie Ihr Immunsystem und verhindern empfindliche Zähne und Zahnhälse durch einen Vitaminmangel. In dem folgenden Blogbeitrag soll das ein wenig beleuchtet werden.

Interdependenz von allgemeiner und Mundgesundheit

Konzeptuell kann man die Mundhöhle als „Kopfdarm“ bezeichnen, was sich auch embryologisch klar ableiten lässt: Urmund und Uranus bilden sich in der menschlichen Entwicklung sehr früh aus an den jeweiligen Polen der Blastula (von altgriechisch βλαστός blastos „Keim, Knospe, Spross“), die sich dann durch Invagination aufeinander zu entwickeln und so den Urdarm bilden.

Damit ist der Verknüpfung zwischen allgemeiner Gesundheit und Mundgesundheit bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt der menschlichen Entwicklung festgelegt. Eine ausgewogene Ernährung, reich an Vitaminen, Mineralien, Spurenelementen und Antioxidantien, ist damit auch mitentscheidend für die Aufrechterhaltung von starken Zähnen und gesundem Zahnfleisch. Eine alte ayurvedische Weisheit sagt: „Wer sich gesund ernährt braucht keine Medizin, wer sich ungesund ernährt, dem hilft keine Medizin“. Ganz so dogmatisch soll das aber hier nicht stehenbleiben, aber, diese Einsicht einer 5000 Jahren alten Lehre ist mehr als bemerkenswert …

Bedeutung des Mikrobioms

Das Zentrum der immunologischen Kompetenz des menschlichen Körpers liegt im Darm, respektive einem gut funktionierenden Biofilm. Der Zustand dieses Biofilms entscheidet in vielen medizinischen Stoffwechsel-Situationen zwischen Symbiose (Gesundheit) und Dysbiose (Krankheit).

Durch die Einführung von NGS (Next-Generation-Sequencing) in die Zahnmedizin vor nicht allzu langer Zeit, ist es durch diesen genetischen Test möglich eine ganze Reihe genetisch bedingter Parameter zu ermitteln, mit der sich, für den Zustand des Zahnfleischs, ein Symbiose/Dysbiose-Index berechnen lässt (Dieser Test ist auch in meiner Praxis verfügbar und wird seit September 2023 regelmäßig eingesetzt). Die graphische Auswertung erfolgt dann im Stile eines Balkendiagramms, was für den Patienten leicht verständlich ist.

Es ist bei schwereren Parodontitis-Fällen nicht selten, dass die auch mit diesem Test qualitativ berechnete immunologische Antwort auf parodontale Pathogene als insuffizient eingestuft werden muss. Gleichzeitig kann unter Umständen dann noch eine bereits eingetretene Resistenzentwicklung parodontal-pathogener Markerkeime sich dazugesellen, bedingt durch gegebenenfalls weniger sinnhafte antibiotische Interventionen in der Vergangenheit.

Spätestens an dieser Stelle liegt die Frage auf dem Tisch, was neben all dem, was die moderne Zahnmedizin heute zu bieten hat, gemacht werden kann, um die immunologische Antwort zu verbessern. Dazu gibt es klassischerweise zwei Wege: (1) über die Ernährung (zur Reduktion der Entzündungsgesamtlast) und (2) über die Zuführung immun-stimulisierender Nahrungsergänzungsstoffe (Supplements), allen voran Vitamin D (zur Stärkung des Immunsystems).

Der Vollständigkeit halber soll nicht unerwähnt bleiben, dass die längerfristige Verabreichung von pharmakologischen Entzündungshemmern in dem ein- oder anderen Fall in Erwägung gezogen werden kann. Das ist aber ebenfalls Thema eines zukünftigen Blogbeitrags.

 

Supplementierung mit Vitaminen und Mineralstoffen zur Reduktion von Zahnempfindlichkeiten

Leiden Sie an empfindlichen Zähnen, spielt auch die Ernährung und damit die Vitaminaufnahme eine möglicherweise entscheidende Rolle. Denn diese tragen zur Zahn- und Zahnfleischgesundheit bei, sodass Gingivitis und ferner Parodontitis verhindert und ein gesunder Zahnschmelz aufgebaut werden kann. Empfindliche Zahnhälse treten oftmals in Verbindung mit Zahnfleischproblemen auf, die aufgrund dessen Rückgang plötzlich freiliegen. Ebenso führt verringerter Zahnschmelz zu einer höheren Sensibilität des Zahnnervs. Eine Supplementierung mit den in der unten aufgeführten Auflistung genannten Vitaminen und Mineralstoffen kann folglich helfen, einen Mangel an Nährstoffen/ Vitaminen zu beheben und damit Zahnempfindlichkeit zu verringern. Um die Wirksamkeit zu maximieren, sollte die individuelle Patientenlage berücksichtigt werden.

Weitere Ursachen, zahnärztliche Therapieansätze und Lösungen für Sie zuhause zu empfindlichen Zähnen sind so weitreichend, dass ich diesem Thema zukünftig einen eigenen Blogeintrag widmen könnte.

Wichtige Nährstoffe für die Mund- und Zahngesundheit

Kalzium und Vitamin D: Ihr Synergismus im Körper ist entscheidend für die Entwicklung und Erhalt starker Zähne. Kalzium stärkt in der Zahnentwicklung den Zahnschmelz, während über Vitamin D die Kalziumaufnahme und, in Folge, die Verwertung, gefördert werden.

Phosphor: Dieses Element arbeitet ebenfalls mit Kalzium zusammen und stärkt Knochen und Zähne.

Vitamin A: Wichtig für das Zahnfleisch und die Mundschleimhaut.

Vitamin C: Unabdingbar für die Bildung von Kollagen, dem Grundbaustein des Bindegewebes. Es fördert damit die Gesundheit von Zahnfleisch und Mundschleimhaut.

Entsprechend kann über eine Nahrungsmittelergänzung (Supplementierung) bei folgenden spezifischen zahnmedizinischen Bedingungen nachgedacht werden:

  1. Zahnfleischerkrankungen: Nahrungsmittel mit Antioxidantien, allgemein entzündungshemmender Wirkung und Vitamin C können die Symptome und/oder das Risiko einer Zahnfleischentzündung verringern. Das ergibt sich daraus, dass die Gesamtentzündungslast im Körper mit so einer Intervention reduziert wird (gleichzeitig sollte natürlich eine gesunde Ernährung gegeben sein).
  2. Trockener Mund: Omega-3-Fettsäuren und L-Lysin können hier lindernd wirken, ebenso einige Vitamine, wie B2 (Riboflavin), B3 (Niacin), B6 (Pyridoxin) und B9 (Folsäure) und B12 (Cobalamin). Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr muss unabhängig einer möglichen Supplementierung stets gegeben sein.
  3. Erosionen: hier wird eine mögliche positive Wirkung durch Kalzium und Phosphor antizipiert.

Darüber hinaus kann eine Supplementierung natürlich auch durch Probiotika erfolgen. Probiotika sind nützliche Bakterien, die die mikrobielle Homöostase im Mund fördern können. Sie können auch schädliche Bakterien reduzieren, die zu einer ganzen Reihe von zahnmedizinischen Problemen führen können (z. B. Karies, Mundgeruch, Zahnfleischerkrankungen, empfindliche Zähne).

Wenngleich der Einsatz von Nahrungsergänzungsmittel sehr sinnvoll sein kann, sollte dies nicht der Ersatz für eine gesunde Ernährung sein. Die Aufnahme vieler Nährstoffe, wie die oben genannten, sollte in erster Linie durch natürliche Nahrungsquellen erfolgen, da diese oft besser vom Körper aufgenommen werden.

Individuelle Patientenlage und genetische Faktoren

In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu verstehen, dass Nahrungsergänzungsmittel nicht wirken nach dem Motto „one size fits all“. Die Nährstoffbedürfnisse variieren von Person zu Person. Das hängt damit zusammen, dass diejenigen Gene, über die im Körper die Aufnahme von Vitaminen erfolgt, so genannte Polymorphismen aufweisen können. Polymorphismen sind Variationen in der DNS-Sequenz, die innerhalb einer Population auftreten. Diese Variationen können Einfluss darauf nehmen, wie Gene exprimiert werden und/oder wie Enzyme und Proteine funktionieren. Das aber hat entscheidenden Einfluss darauf, die effektiv bestimmten Nährstoffe von bestimmten Personen aufgenommen werden können. Im schlechtesten Fall führt die ein- oder andere Supplementierung zu „teurem Urin“.

Bezüglich des Vitamin D sind eine ganze Reihe von Genen an dessen Metabolisierung (Verstoffwechslung) und der Wirkung beteiligt. Beispielsweise können Variationen am Vitamin-D-Rezeptor Gen (VDR) die Wirksamkeit von Vitamin D in Bezug auf die Knochenbildung und -erhaltung beeinträchtigen.

Ähnliche genetische Variationen gibt es bei Vitamin A; hier können genetische Variationen die Umwandlung von Beta-Carotin in aktives Vitamin A beeinflussen. Damit können Individuen, die diesen Polymorphismus aufweisen weniger effizient Vitamin A aus pflanzlichen Quellen synthetisieren.

Bezüglich Vitamin C gibt es auch Polymorphismen in den Transportern und Enzymen, die sich auf den Stoffwechsel auswirken. Beispielsweise kann durch eine Variation im SLC23A1-Gen, das für einen Vitamin-C-Transporter kodiert, die Aufnahme und der Plasmaspiegel von Vitamin C beeinträchtigt sein. Das erklärt, warum manche Personen höhere Dosen von Vitamin C brauchen als andere, um einen gesundheitlichen Vorteil erzielen zu können.

Polymorphismen gibt es auch bei der Metabolisierung anderer Nährstoffe. Genannt sein in diesem Zusammenhang Omega-3-Fettsäuren, Folsäure (Vitamin B9) und Eisen.

Ausblick für die zukünftige zahnheilkundliche Bedeutung

Das Verständnis von den genetischen Polymorphismen und deren Auswirkung auf die Nährstoffaufnahme steckt noch in den Kinderschuhen. Allerdings zeichnet sich ab, dass zukünftig über genetische Screening-Tools personalisierte Ernährungs- und Supplementierungspläne entworfen werden könnten, um bei einem Vitaminmangel die Effektivität der Supplementierung zu optimieren.

Das Wissen, dass genetische Polymorphismen die Verarbeitung und Verwertung von Vitaminen und anderen Nährstoffen beeinflussen können, markiert nicht nur die Notwendigkeit einer individuellen Betrachtung in einer möglichen Ernährungsberatung, sondern auch, dass sich Zahnarzt und Patient dieser individuellen Unterschiede in der Supplementierung bewusst sind.